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Pensionierter Professor wegen Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen verurteilt

Das Amtsgericht Hannover hat mit Urteil vom 10.06.2025 einen ehemaligen Professor der Leibniz Universität Hannover wegen der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 130,00€, insgesamt 10.400€ verurteilt. Das Gericht folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Das Gericht stellte fest, dass der 64-Jährige am 07.07.2024 und 13.07.2024 die Parole der Sturmabteilung (SA) in zwei Beiträgen auf "X" veröffentlichte und sich dabei einer möglichen Strafbarkeit bewusst war.

Hierbei hat der Angeklagte ein Video mit Bildern vom Viertelfinalspiel der Fußball-Europameisterschaft zwischen der Türkei und den Niederlanden veröffentlicht, in dem ein Block mit türkischen Fans den sogenannten Wolfsgruß zeigt. Zudem veröffentlichte er ein Lichtbild mit einer Regenbogenflagge bekleideten und vermummten Gestalt. Dabei veröffentlichte er folgenden Text:

„Für türkische Fans ist der Wolfsgruß schlicht eine patriotische Geste. So wie für Deutsche der Satz „Alles für Deutschland“.

Wir sollten nicht zulassen, dass Rotgrüne beides diffamieren und kriminalisieren. Sie wollen, dass ausschließlich ihre Symbole gezeigt werden.

Es ist betrüblich, wie viele deutsch-patriotische Accounts auf die rotgrüne Propaganda hereinfallen. Ich bin klar auf der Seite der türkischen Fans. Antifa ist eindeutig eine kriminelle Vereinigung, trotzdem fordert in Deutschland niemand, diese Flagge zu verbieten. Das ist Messen mit zweierlei Maß.“

Einige Tage später veröffentlichte er einen sieben Sekunden dauernden Live-Beitrag und einem Lichtbild einer Wolfsstatue. Hierzu schrieb er:

„Was bedeutet das Zeichen?

- Lehrer: Leise sein (Schweigefuchs)

- Italiener: Gehörnte Ehegatten (mano cornuta)

- Rockfans: Applaus (Pommesgabel)

- Turkvölker: Patriotismus (Wolfsgruß)

Patriotismus wird leider oft angefeindet, selbst der Allerweltssatz „Alles für Deutschland“

Die @welt befragt leider keinen Fachmann für Turkvölker, sondern die ahnungslose Islamwissenschaftlerin @susannschroeter, die offenbar alle der fröhlichen Fußballfans, die man im Einspieler sieht, für „Graue Wölfe“ hält, also Gegner der PKK.

Mit dem Islam hat der Wolfsgruß nicht das Geringste zu tun: Arabische Moslems verwenden ihn nicht, christliche Turkvölker wie die Gagausen aber schon.

Wird man auch die Deutschlandflagge verbieten, wenn eine radikale Gruppe sie nutzt? Absurder geht’s kaum!“.

Die Beiträge sollen laut Aussage des Angeklagten bis zu 1,5 Millionen Nutzer gesehen haben.

Der Angeklagte hat eingeräumt, die Beiträge veröffentlicht zu haben. Eine strafbare Handlung könne er in den Beiträgen jedoch nicht erkennen. Er habe sich an dem Gesetz orientiert und sich von jeglicher Art von Rassismus entfernt.

Vielmehr habe er mit seinen Beiträgen einen pädagogischen Trick anwenden wollen, indem er seine Adressaten abholen habe wollen. In seinem letzten Wort führte er aus, dass er nur Angeklagter sei, weil es in Deutschland keine Meinungsfreiheit gebe. Dies sei ein politischer Prozess und kein Prozess mit rechtlichem Inhalt.

Der Angeklagte, der gegen den seitens der Staatsanwaltschaft Göttingen -Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet - beantragten Strafbefehl Einspruch einlegte, argumentierte, dass er lediglich entsprechend der „Sozialadäquanzklausel“ nach § 86 Abs. 4 StGB gehandelt habe und eine Strafbarkeit daher entfalle. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht und verurteilte ihn zu der vorgenannten Gesamtgeldstrafe. Nach Ansicht des Gerichts erfüllt unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedes irgendwie geartete Gebrauchmachen von nationalsozialistischen Kennzeichen das Tatbestandsmerkmal des Verwendens. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Angeklagte die Parole im Kontext bagatellisiert sowie enttabuisiert und sie darüber hinaus salonfähig machen will. Die Strafbarkeit der Parole sei ihm aus der Verurteilung des AfD-Abgeordneten Höcke bekannt.

Der Angeklagte hat bereits Rechtsmittel eingelegt.

Gegen den Angeklagten wurde bereits mit Urteil vom 28.11.2024 wegen öffentlicher Beleidigung eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 130,00€, insgesamt 5.200,00€ ausgeurteilt. Die Berufungsverhandlung soll voraussichtlich im August 2025 am Landgericht Hannover stattfinden.

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 10.06.2025

Aktenzeichen: 227 Cs 801 Js 55406/24 (120/25)

Angewendete Vorschriften:

§§ 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 86 Abs. 1 Nr. 4, 11 Abs. 3, 53 StGB

Ansprechpartner:

Amtsgericht Hannover

- Pressestelle -

Volgersweg 1 | 30175 Hannover

Herr Laurin Osterwold

Richter am Amtsgericht

Tel.: 0511 347-2360 | 0176 15347013

E-Mail: laurin.osterwold@justiz.niedersachsen.de

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.06.2025

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher RiAG Laurin Osterwold

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