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Bestechlichkeit eines ehemaligen Polizeibeamten

Das Schöffengericht des Amtsgerichts Hannover hat mit Urteil vom 16.12.2024 einen 28-jährigen ehemaligen Polizeibeamten wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall in 5 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 11 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Zudem wurde eine Einziehungsentscheidung über 185,00€ sowie die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 24.421,92€ angeordnet.

Der Angeklagte, der aufgrund seiner Tätigkeit als Polizeibeamter zunächst in einem Polizeikommissariat im Osten der Region Hannovers und anschließend in der Cyberabteilung beim Zentralen Kriminaldienst Hannover Zugriff auf sämtliche dortigen Abfragesysteme hatte, tätigte im Zeitraum von Dezember 2022 bis Anfang April 2023 in mindestens fünf Fällen Abfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt, dem Einwohnermeldeamt und dem Auskunftssystem der Polizei.

Die hierdurch erlangten Informationen verkaufte er über die mittlerweile beschlagnahmte Handelsplattform crimemarket.is und erhielt im Gegenzug Zahlungen in Bitcoins.

Das Interesse der Käufer bestand u.a. darin, zivile Fahrzeuge der Polizei als auch Kennzeichen von beliebigen Personen, an denen ein weitergehendes Interesse besteht, enttarnen zu können.

In den fünf festgestellten Fällen fragte der Angeklagte stets amtliche Kennzeichen ab und übermittelte die jeweiligen Informationen an die unbekannten Abnehmer weiter. Dabei übersandte er sich u.a. gefertigte Screenshots an seinen privaten Mail-Account.

Der Angeklagte erhielt für seine Abfragen Beträge zwischen 35,00€ und 150,00€. Hierbei orientierte er sich an Preisen eines unbekannt gebliebenen Dritten, der ebenfalls Abfragen dieser Art anbot. Der Verdacht gegen den Angeklagten erhärtete sich, nachdem durch das LKA Brandenburg in Zusammenarbeit mit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt „Scheinkäufe“ durchgeführt worden, die in Verknüpfung der dienstlichen Abfragen mit den Angeboten unter seinem Plattform-Nutzernamen Rückschlüsse auf ihn zuließen. Die weiteren Ermittlungen führte zunächst die Staatsanwaltschaft Mannheim und sodann die Staatsanwaltschaft Hannover.

Ausgehend von den eingehenden Zahlungen auf seiner Bitcoin-Adresse ergab sich der Verdacht auf insgesamt 143 gekaufte Auskünfte, wofür der Angeklagte einen Betrag von mindestens 24.421,92€ erhielt. Dieser Betrag wurde durch das Urteil eingezogen.

Der Angeklagte, dessen Laufbahn im Oktober 2017 im Vorbereitungsdienst als Anwärter des Polizeivollzugsdienstes begann, ist auf eigenen Antrag mit der Bitte um Verzeihung für seine Taten zum 31.05.2023 aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden. Zwischenzeitlich erging ein Rückforderungsbescheid für die Anwärtergrundbeträge über 17.631,13€.

Der Angeklagte, der sich zwischenzeitlich aufgrund eines Haftbefehls des ursprünglich zuständigen Amtsgerichts Mannheims vom 08.05.2023 bis 19.05.2023 Tage in Untersuchungshaft befand, zeigte sich vor dem Schöffengericht einsichtig und geständig.

Dem Angeklagten wurde aufgegeben, in der dreijährigen Bewährungszeit einen Betrag in Höhe von 3.000,00€ an die Landeskasse zu zahlen. Der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl wurde aufgehoben.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Angewendete Vorschriften: §§ 332 Abs. 1, 335 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1, §§ 53, 73 Abs. 1, 73a, 73c, 73d StGB


Aktenzeichen: 224 Ls 74/24


§ 332 Bestechlichkeit

(1) 1Ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(…)

(2) 1Ein Richter, Mitglied eines Gerichts der Europäischen Union oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

2In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,

Nr. 1 bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,

Nr. 2 soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

§ 335 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung

(1) In besonders schweren Fällen wird

Nr. 1 eine Tat nach

a) § 332 Abs. 1 S. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und

b) § 334 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 3,

mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und

Nr. 2 eine Tat nach § 332 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.

(2) Ein besonders schwerer Fall im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn

Nr. 1 die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht

Nr. 2 der Täter fortgesetzt Vorteile annimmt, die er als Gegenleistung dafür gefordert hat, daß er eine Diensthandlung künftig vornehme, oder

Nr. 3 der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.


Ansprechpartner:


Amtsgericht Hannover
- Pressestelle -

Laurin Osterwold
Richter am Amtsgericht


Artikel-Informationen

erstellt am:
10.01.2025

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher RiAG Laurin Osterwold

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